Qualitätssicherung Vollkeramik
Vortrag auf der Jahrestagung der ADT 2021
Jürgen Dettinger, M.A., präsentierte zu diesem Themenspektrum beeindruckende Ergebnisse zweier zentraler AG-Keramik Projekte, die sich der Qualität von keramischen Restaurationen verschrieben haben: der Ceramic-Success-Analysis (CSA) und der Praxisbefragung.
Studienergebnisse der AG Keramik
Die Ceramic Success Analysis (CSA) sowie die Praxisbefragung der AG Keramik sind zwei Langzeitstudien, die fortlaufend klinische Daten direkt aus den Praxen erfassen und periodisch auswerten. Die Teilnahme ist jeweils freiwillig, anonym und kostenlos. Dr. Bernd Reiss, Mitgründer und Vorsitzender der AG Keramik erläutert: „Seit fast 25 Jahren erfassen wir quantitativ und qualitativ, was mit den keramischen Restaurationen in den deutschen Zahnarztpraxen tatsächlich passiert. CSA ist das wichtigste Qualitätssicherungsprojekt für die Vollkeramik in der Zahnmedizin. Vergleichbare Studien direkt aus der Praxis mit einer solchen Breite und Historie gibt es nicht.“ An der kritischen multizentrischen Feldstudie CSA sind rund 150 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte beteiligt. Sie berichten regelmäßig von ihren Behandlungsverfahren und eingesetzten Werkstoffen, beobachten viele ihrer Fälle auch im Verlauf der Jahre und können damit klinische Erfolge und Misserfolge direkt aus der Praxis dokumentieren. So liefert die CSA wertvolle Langzeitergebnisse, bildet praxisrelevante Ergebnisse ab und spiegelt all das in die Praxen zurück, indem die Angaben eines jeden Teilnehmers immer mit denen der Gesamtgruppe verglichen werden. Als objektiver Maßstab dienen hierfür die Ereignisanalyse und die Erfolgsanalyse mit kumulierten Überlebenskurven (Kaplan Maier).
CSA: Die Erfolgsanalyse braucht Misserfolge
Nur im Vergleich der Verarbeitungsarten und eingesetzten Materialien kann man den Gründen für einen Defekt oder Verlust einer vollkeramischen Restauration auf die Spur kommen. Dafür bildet die Erhebung der CSA mit ihrer langen Datenhistorie die Grundlage. Bernd Reiss macht deutlich, wie wichtig die Fehleranalyse für den Erfolg ist: „In den Misserfolgen steckt immer auch das Optimierungspotenzial. Daher sind wir nicht an reinen Erfolgsgeschichten interessiert. Wir wollen analysieren, warum etwas nicht funktioniert, um ganz präzise Handlungsempfehlungen geben zu können!“ Er nennt zahlreiche Beispiele, mit denen Zusammenhänge und Wirkweisen aufgedeckt und beziffert sowie Risiken genauer eingeschätzt werden konnten. So liegt laut den CSA Auswertungen die jährliche durchschnittliche Misserfolgsrate vollkeramischer Restaurationen bei 1,0-1,5 %. Rund die Hälfte davon sind Frakturen. Bezogen auf die Versorgungsart verzeichnet die CSA die höchste Defektquote bei den Kronen. Über einen Zeitraum von 20 Jahren liegt hier der Vitalitätsverlust bei 4,3%. Auffallend sind die überdurchschnittlichen Misserfolgsraten bei Kronen auf avitalen Zähnen. Daraus leitet Dr. Bernd Reiss die Empfehlung ab, genau die maximal notwendige Invasivität eines jeden Falles zu erörtern und Kronen – wo möglich – zu vermeiden.
Optimierungspotenzial Material und Befestigung
Interessant sind die Erkenntnisse zum Einsatz unterschiedlicher Materialien in der Praxis. Im Vergleich zu anderen vollkeramischen Versorgungen schneiden monolithischen Vollzirkonoxid-Kronen eindeutig besser ab. Beim Blick auf die Verarbeitung fällt jedoch auf, welchen großen Einfluss das Sintern und die Befestigung auf die Haltbarkeit haben. Vergleicht man Zirkonoxid mit Lithiumdisilikat als Restaurationsmaterial für Kronen, so sind beide Materialien ungefähr gleich stark belastbar. Im Einsatz für Inlays und Onlays schneidet Zirkonoxid allerdings schlechter ab. Auch die Adhäsivtechniken sind nachweislich ausschlaggebend für das Vermeiden von Problemen mit den Restaurationen. Dr. Bernd Reiss schildert die Lernkurve in seiner eigenen Praxis: „Bei meinen Patienten sind die Aufbissprobleme mit dem Einsatz der neuen Adhäsivprodukte sehr viel seltener geworden. Seither achte ich besonders auf die Einhaltung der Materialempfehlungen und die Artikulation, das Bewegungsmuster des Patienten.“
Praxisbefragung: quantitative Erhebung als Bestandsaufnahme und Trendscout
Die Praxisbefragung zum Therapieeinsatz in Deutschland erfasst regelmäßig die tatsächlich vorgenommenen festsitzenden Versorgungsarten in deutschen Zahnarztpraxen. Dabei werden die verwendeten Werkstoffe und Befestigungsmaterialien sowie künftige Restaurations-Trends aus Sicht der Praxis abgebildet. Grundlage für diese Erhebung sind die Daten aus den Praxen zu einem jeweils 4-wöchigen Beobachtungszeitraum. Aktuell ist die Erhebung in einem komplett neuen Online-Auftritt aktualisiert und erweitert worden. Die Teilnahme ist dadurch wesentlich vereinfacht. Jürgen Dettinger stellte die Ergebnisse der Praxisbefragung im letzten Erhebungszeitraum 2015-2019 vor.
Praxisbefragung 2015-2019: Zirkonoxid dominiert – NE wächst
Laut Praxisbefragung machten Kronen mit 61% den größten Anteil der Restaurationen aus. Der Anteil von Teilkronen mit Inlays und Onlays lag dabei zusammen nur bei 10 % der gesamten Restaurationsarten. Der Einsatz von Brücken war rückläufig und die Implantatprothetik entsprechend gestiegen. Interessant ist die Verteilung der verwendeten Werkstoffe. Der Anteil an Vollgussarbeiten aus NE oder Edelmetall bei insgesamt 2.242 erfassten Arbeiten über alle Restaurationsarten liegt noch immer bei 10%. Arbeiten aus Zirkonoxid dominieren klar mit Anteilen von 22 % verblendeter und 13% monolithischer Restaurationen. Lithiumdisilikat wird nur für 15% aller Arbeiten verwendet. Erstaunlich ist der Anteil an Restaurationen aus verblendetem Nichtedelmetall, der bei 24% liegt und in den letzten Jahren tatsächlich angestiegen ist. Das Verhältnis Vollkeramik zu Metallkeramik lässt sich insgesamt mit 56% zu 44% angeben. Weitere Ergebnisse liefern Aufschlüsse zur Arbeitsweise in Praxis und Labor: Rund 57% der Arbeiten werden im digitalen Verfahren hergestellt. 35% aller Teilnehmer an der Praxisbefragung lassen Zahnersatz in inländischen Dentallaboren fertigen, 13% im Ausland. Der Anteil der Praxislabore liegt aktuell bei 24%. 19% aller Restaurationen sind chairside entstanden und 9% im Fertigungszentrum. Diese Angaben basieren auf der Anzahl des gefertigten Zahnersatzes, nicht auf dessen Wert und Arbeitsumfang.
Vorträge der AG Keramik auf der ADT 2021: ZT, Dipl.-Ök. Jürgen Dettinger, M.A., Kuratoriumsmitglied der AG Keramik stellt live vor Ort und per online-Übertragung die Ergebnisse des letzten Erhebungszeitraums der Praxisbefragung vor. (Quelle: AG Keramik)